Debatte – weil sie notwendig ist !
Eine Demokratie lebt von der Konfrontation der Ideen. Kein steriler Gegensatz von Meinungen und Überzeugungen, die von ihren Besitzern nie in Frage gestellt werden, sondern ein Aneinander reiben politischer Positionen, durch die sie ihre Absolutheit und Schärfe verlieren und sich einander annähern können. Dann funktioniert Demokratie.
Und das sage gerade ich? Aber ja. Weil unsere Demokratie ohne Kompromisse scheitern wird. Und um die zu finden und definieren zu können, muss man zur Debatte bereit sein. Lang, wenn es sein muss, und immer so lange, wie es sein muss, damit gemeinsame Standpunkte entstehen können. Ohne die stoßen wir in unserer Demokratie an die Grenzen, die uns europaweit alle möglichen Extremisten, insbesondere von rechts, aufzuzeigen versuchen.
Eine klare Ansage macht deutlich, wo man steht. Aber eine Ansage, die niemals geändert, angepasst, einer größeren Anzahl von Menschen zugänglich gemacht und kommuniziert werden kann, wird niemanden irgendwohin führen. Demokratische Politik braucht Widerspruch – und die Bereitschaft der politisch Aktiven und Engagierten, ihre Positionen mit denen anderer abzugleichen und vielleicht sogar anzupassen. Ein Faschist ändert seine Meinung nicht. Ein Demokrat tut es sehr wohl, wenn es um das Wohl der Gesellschaft geht.
Wir leben in politisch stürmischen Zeiten, auch in Luxemburg sind viele alte Sicherheiten nicht mehr vorhanden. Der Ton wird rauer – und die Risse, die sich durch die Gesellschaft ziehen, laufen Gefahr, tiefer zu werden, statt verschweißt zu werden. Es gibt nicht viele Orte, an denen man Meinungen konfrontieren kann, wo man sie gegeneinander aufstellt, wo aber auch ständig versucht wird, sie auf sinnvolle Weise zusammenzubringen.
Mit absoluten Positionen, die niemand mehr in Frage stellt, landen wir in der Unmöglichkeit eines vernünftigen gesellschaftlichen Dialogs. Der aber ist Voraussetzung für notwendige demokratische Kompromisse. Deshalb gibt es jetzt dieses Medium, um die Suche nach Gemeinsamkeiten zu unterstützen, die unsere Demokratie voranbringen können.
In der Öffentlichkeit wird sich gerne mal drüber lustig gemacht– oder sich drüber aufgeregt – wenn Politiker unterschiedlicher Couleur und Partei als Menschen normal miteinander umgehen, nachdem sie in einer Parlamentsdebatte oder einem anderen politischen Schlagabtausch hart miteinander umgesprungen sind. Das ist aber nicht nur normal, sondern auch demokratisch unverzichtbar. Der Respekt vor dem politischen Gegner muss – innerhalb gewisser politischer Grenzen – stets menschlich vorhanden sein und eben auch ermöglichen, mit seinen Positionen so umzugehen, dass Blockaden überwunden und Mehrheiten für Entscheidungen gefunden werden können.
Es muss Orte geben, an denen Meinungen schriftlich artikuliert und miteinander konfrontiert werden können. Wo kontroverse Texte gelegentlich zu Kompromissformulierungen führen. Positionen zu formulieren, sie zu erklären und mit anderen zu vergleichen, erfordert Plattformen. Medien, klassische und soziale, verbreiten gerne immer kürzere Schlagzeilen und Sprüche, die in keinem Kontext mehr stehen. Aber dieser Kontext ist unverzichtbar, um zu erklären, was man selber meint, und um zu verstehen, was die andere Person meint. Kontext braucht Plattformen.
Debatt.lu sollte eine solche Plattform sein. Ich würde mich freuen, wenn sie genutzt würde. Wenn sie der demokratischen Auseinandersetzung dienen könnte, weil Menschen darauf schreiben, was sie nicht immer sagen können, und andere lesen können, was sie sonst oft nicht erfahren.
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